Ausflug in eine bewegte Vergangenheit

Der Lichthof der Müncher Hochschule für Musik -- Kein Ort zum Gruseln, sondern zum Lernen
© SPD-Pullach

In der letzten Ausgabe des Isar Anzeigers im letzten Jahr hatten wir zu einem Besuch der Hochschule für Musik und Theater in München eingeladen. Dr. Krause, der Kanzler dieser altehrwürdigen Institution, empfing uns und führte uns in ein großes Kaminzimmer. Die hohe Decke, viel Marmor und Holzverkleidungen erweckten einen gediegenen Eindruck. Trotzdem, verriet uns Dr. Krause, ein Raum, der oft unbehagen weckt und in dem manche Lehrer nicht zu unterrichten wünschen. Wir befanden uns in Hitlers Arbeitszimmer, in dem Raum, wo 1938 das Münchner Abkommen verhandelt wurde.

Die Hochschule für Musik und Theater bezog erst 1957 das Haus an der Arcisstr. 12. Es war eines der wenigen Gebäude in der Max-Vorstadt, dass die Bombardements des 2. Weltkriegs überstanden hatte. Ironischerweise gerade der Führerbau! Aber, bevor sich die Nazionalsozialisten das Grundstück unter den Nagel gerissen hatten, stand dort bereits ein Stadtpalais. Es war das Haus von Hedwig und Alfred Pringsheim, den Schwiegereltern Thomas Manns. Die Pringsheims waren reich genug sich in der teuersten Wohngegend ein kleines Schlösschen zu errichten und sie hatten Geld genug Richard Wagner zu fördern. Vor der Macht und der Geltungssucht der NSDAP schützte weder Geld noch Kultur. Die Familie Pringsheim wurde, so wie viele andere in der Maxvorstadt, zum Verkauf ihrer Grundstücke genötigt. „Wir wollen den Herrschaften nun zeigen, dass wir mehr Kultur besitzen, als unsere Kritiker“ tönte der Führer selbst im Völkischen Beobachter und ersetzte das Schlösschen durch einen klobigen Marmorpalast. Seine Dimensionen sollten die Besucher überwältigen und in seinen Treppenäusern zog es deshalb wie Hechtsuppe.

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Der Lichthof der Müncher Hochschule für Musik – Kein Ort zum Gruseln, sondern zum Lernen

Als jemand, der mit dem Gemeinderat das BND-Gelände besuchen durfte und für das Geschichtsforum Ausflüge auf den Obersalzberg organisierte, drängten sich mir bereits viele Parallelen zur Pullacher Geschichte auf. Mit den gleichen Methoden hatte die NSDAP sich auch die Grundstücke für die Reichssiedlung Rudolf Hess in Pullach unter den Nagel gerissen. Der Marmor und die Holzverkleidungen erinnerte an die Innenausstattung des „Sonnenwinkels“ und die Beton gewordene Geltungssucht an den Führerbau auf dem Obersalzbergs. In Pullach bereitete sich die Verhandlungsdelegation auf die Verhandlungen für das Münchner Abkommen vor. Und als Dr. Krause dann noch erzählte, wie 1945 die Münchner Bevölkerung den Führerbau stürmte, um sich zu holen, was nicht niet- und nagelfest war, musste ich an die Erzählungen von Herrn Deprosse denken, wie zum gleichen Zeitpunkt die Pullacher mit Schubkarren und Lastwagen in die Heilmannstraße zogen … Der Führerbau in der Arcisstraße wurde nach dem Krieg erst einmal von der amerikanischen Verwaltung genutzt und ab 1948 das Quartier für das Amerika Haus. Der Seeadler ersetzte die Hakenkreuze auf der Fassade und die Besatzungsmacht zeigte, was sie unter Kultur verstand. Die Besucher wurden nicht mehr überwältigt, sondern gut unterhalten und informiert – kostenlos! Heute ist das Gebäude in die Jahre gekommen. Es steht unter Denkmalschutz und ist dringend sanierungsbedürftig. Dr. Krause möchte dort bleiben. Er findet es wunderbar, dass heute junge Menschen aus aller Herren Länder dort friedlich zusammen kommen und gemeinsam musizieren. Die Feder erweist sich doch einmal mächtiger als das Schwert. Sehen Sie es sich ruhig einmal an, wenn Sie über die Nachnutzung des Pullacher BND-Geländes nachdenken. Und die meisten Konzerte dort sind immer noch kostenlos!