Es gibt Kabarettisten, die springen auf der Bühne auf und ab, die schneiden Grimassen, tragen seltsame Klamotten oder wilde Frisuren und benehmen sich seltsam. Und dann gibt es Mathias Kellner. Der kommt auf die Bühne, setzt sich mit seiner Gitarrre hinter sein Mikro. Zur Einleitung sagt er: „Mia machn des heit so: I spui und sing da herobn. Und ihr hearts zua.“ Und genau so läuft es ab, mal abgesehen davon, dass man auch noch sehr viel lachen muss.
Mathias Kellner war am Donnerstag, 21.11.19 zu Gast bei der Kabarettreihe der Pullacher SPD im Pfarrsaal Heilig Geist. „Irgendwie zu ungefähr“ war dabei nur Titel, denn sowohl musikalisch, als auch bei seinen Pointen war er ungeheuer treffsicher. Der niederbayerische Liedermacher erzählte und sang von seiner Kindheit in der Provinz, wo ein Mofa oder ein alter Ford Fiesta für die Dorfjugend die große Freiheit verhießen. Vermutlich hat sich das sogar in Zeiten der digitalen Revolution nicht geändert, aber von der ahnte der kleine Mathias noch nichts, als er tagelang vor dem Radio auf der Lauer lag, um „Hotel California“ auf eine Kassette zu bannen. Und als nach Wochen vergeblicher Anrufe beim Radiosender das Lied doch noch völlig überraschend gesendet wurde, da war er natürlich gerade beim Bieseln. Man kann sich ja vorstellen, was in dem Moment wichtiger war!
Er erzählt und singt von seinen ersten romantischen Gefühlen für Sabine, eines von 5 Mädchen in der 7. Klasse Realschule – und zwar das gefürchtetste. Seine Freunde wissen: „Des derschiebst du net, was die derbremst.“ Aber Mathias war verliebt und litt heimlich bis die große Chance kam! Einen Tag vorm Schupfafest mit DJ Flash hatte Sabines Freund mit ihr Schluss gemacht. Generalstabsmäßig wurde geplant, wie er sie unauffällig ansprechen könne und tatsächlich landete er mit ihr auf der Tanzfläche. Und dann der große Moment, als DJ Flash „Love Hurts“ auflegt. So viel musikalische Romantik war natürlich die große Hoffnung für die Jungs auf der Tanzfläche, aber als der große Moment da war, sahen sie sich vor lauter Hormomen restlos überfordert. Gut, dass da die Mädchen einen Schritt weiter waren und so kommt es doch noch zum ersten, die Musik übertönenden Zungenkuss. Mathias hörte bereits die Hochzeitsglocken läuten. (Einige Paare bleiben auf der Tanzfläche zurück, weil beide Zahnspangenträger waren.) Aber dauerhaftes Glück passt nicht zu einem angehenden Kabarettisten. Sabine machte eine halbe Stunde später mit ihm Schluss. Sie hatten sich in ihren Augen einfach auseinander gelebt. Und eigentlich diente er ihr nur dazu, den Ex eifersüchtig zu machen. So plaudert und singt sich Mathias Kellner locker entspannt durch den Abend und lässt sein vergnügtes Publikum an den kleinen Abenteuern und Katastrophen eines Provinzüberlebenden teilhaben. Ohne große Attitüde entlockt er dabei seiner Gitarre begleitende Musikfetzchen, scheinbar unwillkürlich eingestreut und doch immer thematisch wohl gesetzt. Und dann kommt immer wieder ein Song, oft mit einem gewissen derben Humor, aber musikalisch immer zart intoniert. Niederbayern-Blues halt. Irgendwo zwischen Neil Young und Georg Ringsgwandl. Die Sympathien des Publikums hatte er längst gewonnen, als er sich am Ende ganz artig bei Hans Dieter Wolf dafür bedankte, dass der diesen Kleinkunstabend organisiert hatte. Auch nach 8 Studio- und 2 Livealben und einigen Filmmusikprojekten schlägt sein Herz für das kleine, intime Format, wo man mit den Zuhörern in direktem Kontakt steht. Wo die Tomaten schmeißen oder auf die Bühne kommen können, um den Künstler zu watschen. Aber das ist tatsächlich niemandem in den Sinn gekommen. Wer Mathias Kellner im Pfarrsaal verpasst hat, sollte auf jeden Fall die Gelegenheit nutzen, wenn er mal wieder in der Nähe ein Konzert gibt. Und youtube gibt’s heit aa scho.