„Was lange währt, kann manchmal ganz schnell gehen“ hat vor zwei Wochen ein Gemeinderat hier geschrieben. Nun, er war nicht dabei, als am vergangenen Dienstag seine KollegInnen die Geschäftsordnung für den Gemeinderat beraten und beschlossen haben.
Üblicherweise beschließt man diese in der ersten oder zweiten Sitzung nach der Wahl. In Pullach benötigte es 5 Monate, drei Vorberatungen, eine Sondersitzung und ging mit 4 Stunden Diskussion am Ende doch relativ flott.
Die Geschäftsordnung ist wichtig, aber sie ist eigentlich kein Thema für die Öffentlichkeit. Es sei denn die Öffentlichkeit ist Thema der Geschäftsordnung. Und das wurde sie, als Herr Vennekold vorschlug das Rederecht für die Vertreter der Agenda 21 zu streichen. Dritte Bürgermeisterin Cornelia Zechmeister wollte gar noch die Bürgerfragestunde in eine Art kollektive Bürgermeistersprechstunde vor den Gemeinderatssitzungen umwandeln zu der GemeinderätInnen – wenn sie möchten – erscheinen können. Aber wie viele BürgerInnen und Bürger, wie viele gewählte Gemeinderäte können unter der Woche bereits um 18.30 Uhr ins Rathaus kommen. Letztere auch noch „auf Verdacht“.
Da glaubt man doch, den eigenen Ohren nicht zu trauen! „Für mehr Transparenz!“ „Für mehr Bürgerbeteiligung!“ sind die KollegInnen doch in den Wahlkampf gezogen. Auf ihrer Homepage gehört zu ihren wichtigsten Anliegen: „Bei wichtigen Entscheidungen setzen wir uns dafür ein, die Bürgerinnen und Bürger zu befragen.“ Und wenn sie sich auf den Kirchplatz stellen, dann unter dem Motto: „WiP hört zu“
Vor sechs Jahren habe ich dafür gekämpft, dass ein Satz in die Geschäftsordnung geschrieben wird, dass BürgerInnen, die von einem Beschluss betroffen sind, sich beim entsprechenden Tagesordnungspunkt zu Wort melden dürfen. Den Satz hatte die Verwaltung schon wieder herausgestrichen. Doch am Ende fand sich eine Mehrheit für das Rederecht der Agenda 21, für den Beibehalt der Bürgerfragestunde und sogar für meinen Satz, betroffenen BürgerInnen in der Debatte das Wort zu erteilen.
Und ich habe etwas gelernt: Ich verstehe jetzt, wie die WiP das meint, wenn sie sich im Gemeinderat als Sprachrohr der „schweigenden Mehrheit“ bezeichnet.
Holger Ptacek, Fraktionssprecher